Der Pitztaler Eisexpress


pict5191.bmp

Der Eisexpress ist einer der besten Eiswandkombinationen in den Ostalpen. Voriges Jahr hatten Michl und ich schon einige Male vom Pitztaler Eisexpress gesprochen.
 



Endlich war es soweit. Die Wetterverhältnisse waren einigermaßen gut angesagt. Zumindest der Samstag sollte stabiles Wetter versprechen. Geplant war, dass wir die Tour zu dritt gehen. Peter, Michl und ich. Jedoch gab es in Peter´s Familie einen Zwischenfall. Sein Cousin war 20 Meter abgestürzt und hatte sich schwer verletzt. Nach mehreren Operationen geht es ihm aber schon wieder besser, auch wenn er jetzt noch große Schmerzen hat. Aus diesem Grund war es für Peter wichtig, seinen Cousin zu besuchen, um ihn zu unterstützen.

Gemeinsam fuhren wir nach Innsbruck und brachten Peter zu Rosi (Peter´s Schwesterlein). Michl und ich fuhren bei strömenden Regen weiter Richtung Pitztal. Dort fuhren wir bis zur Talstation und packten im überdachten Bereich der Seilbahn unsere Rucksäcke.

beim Packen von unserem Zeug.bmp

beim Packen von unserem Zeug

Jetzt wurde auch der Regen weniger. Voller Enthusiasmus gingen wir Richtung Taschachhaus auf 2.432 m. Das Wetter wurde immer besser und auch die Abendsonne zeigte sich. Perfekt! Je weiter wir in das Tal gingen, desto mehr zeigte sich auch die Taschachwand. Frontal gesehen sehr beeindruckend!

die Taschachnordwand.bmp

die Taschachnordwand 55° 600m

In einer Stunde und 50 Minuten waren wir oben auf der Hütte. Michl hatte sich bereits erkundigt und die Hütte war zwar geschlossen, aber der Winterraum sei geöffnet. Um ca. 20:30 waren wir oben und wurden von einem wunderschönen Winterraum überrascht. Gemütlich zogen wir uns um und machten uns ein Abendessen, welches wir im beheizten Winterraum genossen.

so schön kann ein Biwak sein.bmp

so schön kann ein Biwak sein *gg* (ein Traum Winterraum)

Anschließend wurden noch ein paar Feineinstellungen auf den Steigeisen unternommen und dann ab ins Bett. Schnell schlief ich ein. Die Atmosphäre war sehr angenehm. Es gab keine Schnarcher und überdrüber Stinker. Um 03:00 waren wir bereits wieder auf den Beinen. Gemütlich machten wir uns Tee und frühstückten Strudel, Bananen und Powerpudding. Eine dreier Partie startete ca. eine Stunde vor uns in Richtung Taschacher Nordwand. Um vier Uhr früh gingen wir Richtung Einstieg.

kurz vor dem Einstieg in die Taschach Nordwand.bmp

kurz vor dem Einstieg in die Taschach Nordwand 55° 600m

Der Zustieg war im Dunkeln recht gut zu finden. Immer wieder fanden wir rote Markierungen und sogar Stahlketten, die die schwierigen Stellen versicherten. Ein paar steile Schneefelder mussten wir queren, aber mit unseren Stirnlampen ging das ohne Probleme. Über einen Lawinenkegel stiegen wir zur Wand. Oben sahen wir die Dreierseilschaft, der wir uns rasch näherten. Wir gingen die ganze Wand fast seilfrei. Oben die letzten zwei Seilängen zogen wir nach links ins Blankeis, wo wir auch perfekt sichern konnten.

in der Taschachwand unterwegs.bmp

die ersten zwei Drittel waren wir Seilfrei in der Taschachwand unterwegs

Die Wand steile sich kurz auf und lief dann oben aus. Mit Tibloc waren wir rasch oben. Nach einer kurzen Rast ging es weiter über den Grat zur Peternspitze. Für mich etwas heikel war die Querung über das steile Firnfeld, welches wir aber bald hinter uns hatten. Jetzt gingen wir über den Grat hinauf auf die Peternspitze. Dieser Grat war problemlos, da dort soviel Schnee war, dass wir gemütlich gehen konnten.

Wind pfiff über die Taschach Nordwand.bmp

der Wind pfiff über die Taschach Nordwand von der wir gerade kamen

Michl führte und spurte bis ganz hinauf. Ich musste mich sehr anstrengen und kämpfte mich hinter den Spuren von Michl her. Ich begann die Höhe ziemlich zu spüren und hatte einen Leistungsabfall. Schritt für Schritt gingen wir Richtung Brochkogel Nordwand. Diese war jetzt direkt vor uns und sah mächtig aus.

Brochkogel Nordwand.bmp

die Brochkogel Nordwand 55° 250m

Wir gingen bis zum Bergschrund und bereiteten uns für die Kletterei vor. Michl sah gleich, dass es mir nicht besonders ging und gab mir eine seiner Geheimwaffen: Ein flüssiges Kohlehydrat, das den Blutzucker reguliert. Noch eine Banane, ein paar Schluck Wasser und ich fühlte mich gleich besser. Michl kletterte voran und die ersten drei Längen gingen wir wieder am Tibloc. Oben wurde die Wand dann steiler und blank.

ich im Nachstieg beim Brochkogel.bmp

ich im Nachstieg beim Brochkogel 55° 250m

Michl machte Stand und ich folgte. Ich wollte mich gerade für die nächste Länge fertig machen, da schlug er mir vor er könne auch weitergehen, wenn ich wolle. Da hatte ich natürlich nichts dagegen. So übernahm er die Führung und stieg die Längen souverän. Die letzte Länge querten wir nach links hinaus und dann hinauf auf den Gipfel vom Brochkogel. Herrlich. Danke Michl für die Führung!

Michl in der Querung.bmp

Michl in der Querung

Jetzt sahen wir in den Norden und dort sah es nicht sehr rosig aus. Mächtige Gewittertürme bauten sich auf. Für uns war jetzt klar, dass die vierte Wand jetzt nicht mehr möglich war. Dies wäre zu riskant gewesen. Ein Gewitter in einer Eiswand will ich mir gar nicht vorstellen. Über den Ostgrat stiegen wir über loses Blockgelände vorsichtig ab. Jetzt mussten wir über den Bergschrund wieder drüber. Vorsichtig gingen wir am Seil und überquerten die Spalte.

ich am unteren Teil vom Ostgrat des Brochkogels.bmp

ich am unteren Teil vom Ostgrat des Brochkogels

Jetzt waren wir am Gletscher und stapften wieder Richtung Hütte. Auf der linken Seite sahen wir eine kleine Lawine und hin und wieder gab es die ein oder andere Spalte. Michl sank einmal bis zur Hüfte ein, jedoch konnte er sich wieder selbst befreien. Ich sah nur das schwarze Loch und dachte mir „nicht ohne Seil“. Eine Truppe vor uns, die wir überholt hatten und die beim Brochkogel abgebrochen hatten, gingen über den ganzen Gletscher seilfrei. Na ja… Wir genossen die Gletscherlandschaft und die tiefen Blautöne vom ewigen Eis.

ich am Gipfel von der Peternspitze.bmp

ich am Gipfel von der Peternspitze

Plötzlich frischte es auf und begann leicht zu graupeln. Die Sicht wurde schlechter. Scheinbar hat sich die Gewitterfront über den Hauptkamm geschoben. Im Süden hätte es eigentlich schön bleiben sollen. Scheinbar hat das Wetter es sich anders überlegt. Flott gingen wir am Gletscher um Meter zu machen. Bei einem kurzen Stopp, Michl vorne und ich hinten, hörten wir ein Singen und Zischen. Wir sahen uns kurz an. Scheiße! Wir wussten beide sofort was los war. Man konnte es riechen und schmecken. Strom! 100.000te von Volt in der Luft.

kurz bevor unser Material anfing zu singen.bmp

kurz bevor unser Material anfing zu singen

Scheiße wir sind mitten drin im Gewitter. Die Eisschrauben und Karabiner zischten und sangen wie in einem Umspannwerk. Blitzschnell rissen wir uns den Gurt und die Steigeisen vom Leib. Michl zog sich die Hose fast mitaus und stand kurz nackt dar. Ich blieb mit meinem Steigeisen in der Fußschlaufe hängen. Ich fiel in den Schnee und robbte davon, fasste einen klaren Gedanken und zog mir das Steigeisen aus. Michl konnte nur zuschauen und mir nicht helfen. Kurz dachte ich mir: „Jetzt ist´s vorbei!“ Ich befreite mich und lief rüber zu einer Felsmulde. Michl mir nach. Dort kauerten wir uns zusammen, wie ich es schon oft gelesen hatte. Spannungsbrücken schließen und ruhig verhalten. Blitze und Donner fuhren durch den Gletscher. Wir und unser Material blieben jedoch verschont. Gott sei dank! Nach 20 Minuten war der Großteil vorbei und wir kofferten wieder Richtung Hütte.

das Taschachhaus.bmp

das Taschachhaus

Jetzt kam auch wieder die Sonne und die Wolken verzogen sich auch wieder. Visavis bei einem Hängegletscher brach ein riesiger Serak ab und krachte ins Tal. Extrem beeindruckend was da für Power dahinter steckt. Zurück über die steilen Schneefelder kamen wir zum Taschachhaus. Jetzt genossen wir ein gutes Weizen und beschlossen noch ganz abzusteigen. Über das elendslange Tal gingen wir zurück zum Auto und nach 14,5 Stunden zog ich mir endlich meine Bergschuhe aus. Zwei dicke Blasen auf der Ferse zeugten von dem langen Marsch.

Nachdem wir an diesem Tag nicht mehr heimfahren wollten, fuhren wir noch zu einem Fliegerkollegen von Michl dem Urgestein Schwaiger Robert aus Volders. Der ist auch schon die Ortler Nord “Free Solo” durchstiegen! Dort übernachteten wir beim Jägerwirt und feierten noch mit dem ein oder anderen Bier auf dem dortigen Feuerwehrfest´l unsere super Tour.

Der Pitztaler Eisexpress war eine sehr schöne wenn auch konditionell (für mich) schon anspruchsvolle Tour.

Taschacher Nordwand 55° 600m

Peternspitze 50° 150m

Brochkogel 55° 250m

Wildspitze 50° 250m (leider Abbruch wegen Schlechtwetter)

pict5195.bmp

der Meister (links) und sein Schüler (rechts) *gg*

Danke Michl für deine Unterstützung und liebe Grüße!

Die Bilder könnt ihr euch hier ansehen.

  1. super Bericht & super Fotos. Schade, dass i nit dabei war. Aber die Berge laufen jo nit davon =) Danke fürs Mitnehmen nach Innsbruck, und i freu mi schon auf die nächste (für mich erste) Eistour!

    lg Peter

  2. michl am 4. Juni 2007

    Sers Flo,

    komme da ziemlich gut weg in deinem Bericht- danke!
    Denke, daß es NUR gemeinsam gehen kann in einer so langen Tour- und wenns dem Einen mal nicht so gut geht, sollte der Andere einspringen können- wobei für mich gerade das Führen im Eis das Richtige ist.
    Nur eines: Wenn wir schon derart intim miteinander am Gletscher “verkehren”- mußt du das auch noch soo deutlich (“stand kurz nackt da”) beschreiben…*ggg*

    lG

    michl

    PS: Nach einem derartigen Tour- Abbruch weißt du aber schon, was da noch zu tun ist…
    Mehr Kondi- trainieren und dann nochmal! *hahahaha*