Die Großstadt Berlin im Vergleich zum Gasteinertal


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Es war so weit. Ich stand kurz vor meinem Urlaub. Beginnen sollte dieser mit einem verlängerten Wochenende in Berlin. Ja hin und wieder kann man der Kultur nicht ausweichen. Aber gerade in der letzten Ausgabe vom Klettern entdeckte ich einen Artikel über, man glaubt es kaum, Klettern in Berlin.



Voller Freude packte ich in meinen Rucksack auch meine Kletterschuhe und meinen Gurt. Der Hinflug war unproblematisch, sprich mein Grigri (Sicherungsgerät) wurde nicht beanstandet. Am Anfang hatten wir ein wenig Pech, da gerade ein Streik der öffentlichen Verkehrsmittel im Gange war, aber zu Fuß war für uns ja alles kein Problem und so besichtigten wir gleich vom Hauptbahnhof weggehend das Regierungsviertel mit dem Reichstag, das Brandenburger Tor, Unter den Linden, die Oper bis zum Alex und gleich auch den Prenzlauer Berg gehend.

ich am Flakturm in Berlin (da war ich noch fit)

ich am Flakturm in Berlin (da war ich noch fit)

Am nächsten Tag trafen wir in der Früh Emanuel, der mit dem Auto nachgekommen war und fuhren zum Kegel, einer Art FLAK Turm. Dort angekommen waren wir gleich in der Szene. Skater, Sprayer und ein Kletterer – ich. Die Sonne schien auf den Turm und meine Finger freuten sich schon auf´s klettern. Schuhe aus, Socken aus, Kletterschuhe an und los. Ziel war rund um den FLAK Turm zu klettern ohne runterzufallen.

der Kegel, ein Umgebauter Flakturm (sehr Kreativ&lässig)

der Kegel, ein Umgebauter Flakturm (sehr Kreativ&lässig)

Es war ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber es machte eine Menge Spaß. Immer wieder gab es sandige kleine Löcher und Leisten. Teilweise waren eingestemmte Risse, in denen Füße und Hände Platz fanden. Ich war begeistert. Natürlich wäre ich lieber im Fels oder in den Bergen unterwegs gewesen, aber Kultur mit Klettern zu verbindet macht auch eine Menge Spaß. Emanuel machte Fotos und bestaunte auch das ein oder andere Graffiti.

Grafitikunst in Berlin, in der Szene

Grafitikunst in Berlin, in der Szene

Danach musste er weg, um seine Freundin Chiara abzuholen mit der wir uns später zum Abendessen trafen. Burnie und ich gingen noch ins Check-Point-Charlie Museum, in dem wir fasziniert mehr über die Geschichte der DDR erfuhren, und rannten durch die Stadt. Ich war schon ziemlich geschlaucht und fühlte mich sehr energielos. Am Abend wurde es immer schlimmer und verdammt mich hatte es erwischt. Luft bekam ich nur noch durch den Mund und die Nase war zu. Dementsprechend war leider auch meine Laune. Ich war echt mies drauf. Ich schleppte mich immer mühsam herum und freute mich auf jede Einkehr in ein Café, in dem ich Wärme hatte und sitzen konnte. Die große Kletterhalle, die ich noch besuchen wollte, bekam mich leider nicht zu Gesicht. Stattdessen trank ich Tee und Grippemittel und war fertig.

Kletterturm, Skatten, Cafe - alles da

Kletterturm, Skatten, Cafe - alles da

Die Ärmsten waren aber sicher Burnie, Chiara und Emanuel die mich ertragen mussten. Aber sie ließen sich nicht entmutigen und versuchten immer wieder mich zu motivieren z.B. mit dem tollen technischen Museum mit Loks, Schiffen und Flugzeugen in den Hallen. Als wir dann am Dienstag heim flogen war es komplett vorbei. Ich war krank und fertig. Ich lag im Bett und schlief trank Tee und versuchte fit zu werden. Am Samstag hieß es ja schließlich Aufbruch in den wohl verdienten Urlaub. Auch am Samstag war ich leider noch sehr angeschlagen, aber es konnte nur besser werden und so fuhren wir nach Taxenbach (Nähe Bischofshofen). Ein guter Stützpunkt für Schitouren und Eisklettertouren.

Jürgen beim Zustieg vom Rosskopf - Traumhafter Schnee

Jürgen beim Zustieg vom Rosskopf - Traumhafter Schnee

Leider ging jedoch in meinem Zustand zurzeit einfach nix. Ich ließ alles sehr ruhig angehen und ging am Dienstag meine erste kleine Schitour auf den Rosskopf im Rauriser Tal und merkte, dass es mir schon besser ging. Somit wollte ich am Mittwoch wieder was machen.

Burnie und im Hintergrund der Blaukogel (2224m)

Burnie und im Hintergrund der Blaukogel (2224m)

Wir beschlossen am Vormittag mit den Mädels den Ortsberg 2401m zu machen. Das ist eine Skitour von Sportgastein aus. Es sind ca. 900hm zum Gipfel und die Tour ist die ganze Zeit südseitig. Gemütlich gingen wir weg und waren auch bald am Gipfel. Das Highlight bei dieser Tour ist sicher die Querung durch einen Tunnel, dessen anderes Ende komplett verschneit ist.

Jürgen und ich am Gipfel des Ortsberges (2039m)

Jürgen und ich am Gipfel des Ortsberges (2039m)

Jürgen, Biene und Nils waren mit von der Partie. Mir geht es auch schon wieder besser und ich merkte wieder, dass ich bei Kräften war. Nach der Schitour hatten wir noch einen Wasserfall geplant. Es war der rechte Doppellutscher, der direkt an der Mautstraße liegt. Jürgen und ich fuhren mit meinem Auto zum Einstieg und die Mädels ließen wir beim Germknödel und Apfelstrudel zurück bei der Hütte.

linker (WI3) und rechter (WI4) Doppellutscher

linker (WI3) und rechter (WI4) Doppellutscher

Wir waren schnell beim Einstieg und ich band mich in meine Seile. Dann nahm ich meine Geräte und kletterte los. Pah, super Eis, hart aber gut. Endlich war ich wieder fit. Oben machte ich Stand und holte Jürgen nach. Er kletterte die zweite Seillänge und hatte genau so viel Freude wie ich. Etwas müde kamen wir dann wieder unten an. Aßen noch eine Dörrzwetschke und dann heim zum Abendessen.

ich in der ersten Seillänge vom rechten Doppellutscher WI 4 (90m)

ich in der ersten Seillänge vom rechten Doppellutscher WI 4 (90m)

Am nächsten Tag wollten wir gemeinsam ein schon lang ersehntes Projekt von mir abschließen. Den Federweiss Fall. Der ist zwar nicht all zu schwer, aber in der herrlichen Eisarena von Böckstein. Gesagt getan brachen wir früh auf und fuhren durchs noch schlafende Gasteinertal. Der Zustieg war bereits gespurt. Vor zwei Wochen hat es dort ein beinahe Unglück gegeben, bei dem eine Seilschaft von einer Lawine verschüttet worden war.

die herrliche Eisarena von Böckstein (rot Federweiss)

die herrliche Eisarena von Böckstein (rot Federweiss)

Aber bei uns waren die Verhältnisse gut. Einen Zweier hatte es laut Wetterdienst und kalt war es auch. Gemütlich stapften wir durch den tiefen Schnee. Durch den Wald und oben querten wir dann nach links. Jetzt sahen wir schon die ganzen Fälle. Sehr imposant. Der Mordor und der Supervisor strahlten auch in voller Pracht. Der Supervisor war oben jedoch schon sehr weiß, was für sehr schlechte Eisqualität sprach. Unser Fall stand aber sehr gut da. Blau, fest und rissfrei!

Wir machten ein kleines Depot und von dort kletterte ich los. Es war ein Genuss. Zug um Zug in super Umgebung und gutem Eis. Bei einem kleinen Podest machte ich Stand.

Jürgen rülpsend in der ersten Seillänge vom Federweiss

Jürgen rülpsend in der ersten Seillänge vom Federweiss

Jürgen stieg nach und hatte so seine Mühe. Immer wieder gingen ihm die Unterarme auf und er musste andauernd Rülpsen. Sehr eigenartig dachte ich mir. Als ich ihn so klettern sah, dachte ich mir schon, dass die nächste Länge wahrscheinlich auch meine werden würde. Ich suchte mir schon eine Linie und überlegte mir den nächsten Stand. Als Jürgen bei mir ankam war er recht angeschlagen. Es war ihm ziemlich unwohl und meine Vermutung bewahrheitete sich. Aber er gab nicht auch und wir mussten nicht abbrechen. So oft war ich aus Partner Gründen schon an diesem Fall gescheitert, aber Jürgen ließ mich nicht im Stich *gg*.

Jürgen in der zweiten Seillänge

Jürgen in der zweiten Seillänge

Ich zog gleich weiter und jetzt wurde es auch schon steiler. Aber es war einfach geil bei so einem super Wetter und Eis zu klettern. Von der Sonne bekamen wir zwar nicht viel mit, aber schon der Blick hinüber zu den sonnigen Gipfeln brachte ein wenig Wärme. Ich baute den zweiten Stand und Jürgen kam wieder nach. Jetzt ging es ihm schon besser, aber den letzten steilen Aufschwung durfte wieder ich machen. Über die 90° Stufe ging es hinauf bis zum Hökarsteig. Dieser zweigt nach rechts ab. Oben war jetzt die zweite Stufe vom Fall sichtbar. Eine herrliche kleine Eisarena.

ich im krönendem Abschluss (WI5-), die Arena oberhalb vom Federweiss

ich im krönendem Abschluss (WI5-), die Arena oberhalb vom Federweiss

Wunderschön. Ich baute beim Hökarsteig den Stand an zwei Bolts und sicherte Jürgen nach. Er ging dann die Verbindung zu der kleinen Eisarena, baute Stand und sicherte mich nach. Die letzte Zusatzlänge sah echt geil aus. Einfach wie im Märchen. Ich stieg über einen kleinen Wulst auf zu einem 90° Vorhang. Über diesen kletterte ich dann nach oben. Jetzt musste ich mich wirklich anstrengen und als ich drüber war und die Landschaft sah, war ich begeistert. Über dünnes Eis und dann Schnee stieg ich zu einem Baum und machte Stand. Jürgen war auch sehr begeistert von dieser Seillänge. Jetzt seilten wir wieder ab.

ich beim Abseilen vom Fall

ich beim Abseilen vom Fall

Da es für Jürgen das erste mal war, dass er an Abalakov Schlingen (Sanduhrschlingen) abseilte, hatte er ein ein wenig mulmiges Gefühl. Ich kann mich noch stark an mein erstes Mal erinnern *gg*. Unten tranken wir dann heißen Tee und genossen die Stille und schöne Umgebung. Zur Dämmerung waren wir wieder beim Auto und machten uns auf den Heimweg. Nach einem kurzen Abendessen wurde das Programm für den nächsten Tag fixiert. Wir beschlossen den Sonnblick gemeinsam mit unseren Mädels zu machen. Also wieder früh schlafen gehen und früh aufstehen. Diesmal aber gab es für Burnie, die leider inzwischen verkühlt, aber mit am Vortag neu erstandenen Tourenschiern voll motiviert war, kein Bussi zum weiterschlafen, sondern einen Tritt in den Hintern zum aufstehen *gg* natürlich nur ironisch gemeint. Das Frühstück war viel hektischer als sonst und alle tankten wir Energie für den heutigen Tag.

Burnie nach dem Steilaufschwung vom Gletscher

Burnie nach dem Steilaufschwung vom Gletscher

Um 07:00 waren wir am Parkplatz beim Kolm Saigurn. Dort holte uns Hermann der Hüttenwirt vom Naturfreudehaus ab und brachte uns zu diesem. Somit hatten wir die ersten 350hm gemacht. Sehr gemütlich und langsam gingen wir los. Jürgen kam sogar nicht einmal auf Betriebstemperatur und fror. Aber das ist eines der wichtigsten Dinge, dass man sich die Kraft einteilt. Und für mich war wichtig oben, mit den Mädels anzukommen. Weiter oben war dann auch die Sonne und die wärmte uns.

Jürgen hat mal so einen Spruch losgelassen und an den musste ich immer wieder denken, weil es geht ja nicht um schnelle Aufstiegszeiten oder extreme Herausforderungen sondern auch um den Genuss (hin und wieder).

„Wo willst an so einem super Tagl lieber sein als in den Bergen?“

Immer wieder denke ich an den Spruch und genieße das Traum Wetter. Oben bei der Scharte nach der Ruine machen wir das erste Mal eine kleine Pause. Jürgen läuft an uns vorbei und erklärt mir er müsse warm werden. Burnie und ich hatten aber ein gutes Tempo gewählt und so war uns warm und wir konnten gemütlich weiter gehen. Oben bei der Rojacher Hütte gingen wir über den Gletscher.

Biene bei der steilen Variante (sehr brav Biene)

Biene bei der steilen Variante (sehr brav Biene)

Jürgen und Biene wählten aber einen steileren Weg, den ich Burnie nicht zumuten wollte. Aber Biene schlug sich tapfer. Oben trafen wir uns dann alle beim Zittelhaus am Hohen Sonnblick auf 3.106 Metern Seehöhe. Dort gönnten wir uns warmen Tee und einen Radler bzw. Kaffee im Zittelhaus. Dort plauderten wir mit dem Wettermann und erkundigten uns gleich für die kommenden Tage und die sahen auch sehr gut aus!

Biene&Jürgen oben auf der Wetterstation

Biene&Jürgen oben auf der Wetterstation

Somit war der Urlaub auch für die restlichen Tage mit perfektem Wetter gekrönt. Gemeinsam machten wir uns für die Abfahrt fertig. Die 15 Mann starke Truppe mit den Bergrettern hatten uns schon einige Spuren vorgelegt, aber es gab noch den ein oder anderen Tiefschneehang in den wir unsere frischen Spuren setzen konnten. Gesagt getan fuhren wir in den herrlichen Pulverschnee hinein. Ah Traum. Wir schwebten über den Hang und konnten es gar nicht glauben. Perfekte Bedingungen.

eine Traumhafte Abfahrt (perfekte Bedingungen)

eine Traumhafte Abfahrt (perfekte Bedingungen)

Immer wieder warteten wir zusammen und fuhren bis zum nächsten Sammelplatz. Unser Highlight war ein steiler Hang mit tiefem Schnee. Jürgen hatte leider etwas Pech, da ihm die Bindung aufging, aber auch er fuhr schlussendlich eine schöne Linie ab. Unser letzter Sammelpunkt war wieder die Naturfreunde Hütte, welche schon auf uns wartete. Hermann servierte uns warmen Kakao und den ein oder anderen Radler. Das TAB (Tourenabschlussbier) durfte natürlich nicht fehlen. So ließen wir den Abend ausklingen und müde und entspannt kamen wir an diesem Abend wieder heim. Die letzen paar Tage wurden im Rauriser Tal noch voll ausgenutzt. Leider geht der Urlaub viel zu schnell vorüber und so war ich am Montag schon wieder im Büro und plane und träume schon vom nächsten Abenteuer.

die Bilder könnt ihr euch hier ansehen (links zum Anklicken)

Rosskopf 2039m II

Ortsberg 2401m II

rechter Doppellutscher WI 4

Federweiss Fall WI 4

Hoher Sonnblick (Rauris) II