On the Road mit Hr. Alfred


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Es sollte eine Woche mit ein paar Eisklettertouren werden, so viel war sicher. Unser erstes Ziel war die Königspitze Nordwand. Eine doch recht schwierige Nordwand, die bei guten Verhältnissen auf jeden Fall ein machbares Ziel ist.



Somit fuhren wir am ersten Tag Richtung Brenner, um auf einem höheren Pass zu schlafen und somit schon ein wenig zu akklimatisieren. Schließlich erreichten wir den Pass, der knapp 2000 Meter hatte und verbrachten unsere erste Nacht im gemütlichen Bus vom Hrn. Alfred. Das Wetter war für den nächsten Tag vielleicht nicht perfekt gemeldet, hatte aber durchwegs brauchbare Bedingungen. Somit fuhren wir nach Sulden, um die Lage zu checken, schließlich sollte sich alles ausgehen, bevor der Regen kommt. Ich fragte noch beim Zivilschutz, ob die Hintergradhütte einen Notraum hat oder ob wir mehr an Biwakausrüstung benötigen. Der Mitarbeiter dort sagte mir, dass es einen Winterraum gäbe. Perfekt. Gemütlich stapften wir die ersten 1.000hm hinauf zur Hütte.

Die Königsspitze Nordwand

Der Schnee war bis auf den Grund „patz“weich. Wir hofften, dass in der Höhe die Verhältnisse besser würden, da wir nicht glaubten, dass auch bei einer kalten Nacht diese dicke Schneedecke durchfriert, was allerdings für eine Begehung der Nordwand ein „Must“ ist. Punktgenau erwischten wir vor den ersten Regentropfen die Hütte. Das Problem war nur, dass diese Hütte keinen Winterraum hatte und noch dazu versperrt war. So ein Sch… Jetzt standen wir vor der verschlossenen Hütte und der Regen wurde immer stärker. Nach einiger Überlegung wurde uns klar, dass auch die Nacht nicht genügend Kälte bringen würde. Es war einfach zu warm für unser Vorhaben.

Die Schneedecke war bis auf den Grund komplett aufgeweicht

Auch wenn solche Entscheidungen mühsam sind, war es vernünftiger wieder abzusteigen. Am selben Tag noch stiegen wir den mühsamen Weg bei Regen und mit schwerem Gepäck wieder ab. In der Dämmerung kamen wir wieder unten beim Bus an und verbrachten die Nacht am Parkplatz. Unsere erste Tour hätten wir uns auch ein wenig anders vorgestellt, aber einen Versuch war es allemal wert.

Am nächsten Morgen läutete unsere Wecker zeitig und nach einem Frühstück ging es Richtung Chamonix, unserem eigentlichen Ziel. Unsere Strecke war relativ mühsam und ein wichtiger Pass, der Furka Pass, war wegen des vielen Schnees sogar noch gesperrt, aber glücklicherweise konnten wir mit der Eisenbahn ein Tunnelsystem nutzen. Die Schweiz macht´s möglich und mit 30 Franken war der Preis auch nicht zu hoch, weil der Umweg, den wir sonst nehmen hätten müssen enorm gewesen wäre. Am späten Nachmittag kamen wir bei herrlichem Wetter in Chamonix an. Wir trafen die letzten Vorbereitungen und kauften noch frisches Brot und ein paar Kleinigkeiten. Den obligaten Kaffee in der Stadt tauschten wir gegen ein gemütliches 12€ Abend Bier ein.

Perfektes Wetter in Chamonix

Am nächsten Morgen nahmen wir die erste Bahn hinauf auf die Aiguille du Midi (3.842m) und das bei bestem Wetter. Mit unseren riesigen Rucksäcken beeindruckten wir einige Japaner, die scheinbar nur auf einen Kaffee und ein paar Aussichtsbilder scharf waren. Wir stiegen mit Steigeisen den Grat hinunter und wechselten dann auf die Skier. Von dort ging es auf den Gletscher (Col du Midi 3.532m), wo wir unser Zeug bunkerten und weiter Richtung Nordwand vom Mont Blanc du Tacul, dem berühmten „Triangle“ vom Mont Blanc du Tacul.

Spatenstich von unserem Zeltplatz

Unsere Tour startete relativ weit links und sucht sich den leichtesten Weg durch die steilen Firnwände. Wir hatten perfekte Bedingungen und gemütlich konnten wir so am laufenden Seil bis zum Ausstieg klettern.

Der Einstieg der Tour bei perfekten Bedingungen

Da wir gut im Zeitplan waren und das Wetter für den heutigen Tag gut gemeldet war, gingen wir weiter Richtung Gipfel. Bald standen wir auf dem 4.248m hohen Gipfel. Leider gab es kein Gipfelkreuz mehr. Dieses haben wir nachher beim Abstieg über die Südseite gefunden. Dürfte scheinbar den starken Wetterkapriolen zum Opfer gefallen sein.

Die letzten 40 Meter auf den Gipfel 4.248m

Über den Normalweg stiegen wir dann wieder ab. Ein mächtiger Gletscher mit vielen Abbrüchen und gewaltigen Spalten. Der Weg war aber ganz gut gespurt und bei guter Sicht ist er auch kein wirkliches Problem, wobei wir einmal korrigieren mussten, als wir vor einem fetten Abbruch standen, wo es kein Weiterkommen mehr gab. Bei Schlechtwetter will ich dort nicht meinen Weg suchen müssen, das könnte relativ schnell sehr ernst werden.

Viele Spalten und Abbrüche auf dem Normalweg

Über den Gletscher stapften wir dann gemütlich zu unserem Depot. Dort hatten wir jetzt noch genügend Zeit unser Zelt aufzuschlagen und Tee zu kochen. Wir gruben uns ein wenig in die Wechte ein und bauten ein gutes Windschild. Die Mauer war ca. genauso hoch wie unser Zelt.

Die erste Ausbaustufe unseres Zeltplatzes

Bei Sonnenuntergang war alles fertig. Genügend Tee, ein fertiges und stabiles Zelt und auch für ein gutes Abendessen hatten wir Zeit. Am nächsten Morgen war das Wetter leider nicht mehr so perfekt, aber der Vormittag sollte halten. Somit entschieden wir uns für eine weitere Tour am Tacul. Wir wählten eine frontale direkte Linie, die „Contamine Mazeaud“. Frontal betrachtet schaut die Linie ganz schön wild aus, aber die eigentliche Kletterei ist gemütliches Eispickeln in herrlicher Umgebung.

Hr. Alfred in der ersten Seillänge - von oben immer wieder Spindrifts

Da man von beiden Seiten ein bisschen windgeschützt ist, hielt sich auch der eisige Wind in Grenzen. Ein paar Spinndrifts von oben waren teilweise ein wenig unangenehm, aber hinderten nicht wirklich an der Kletterei. Oben entschieden wir uns nicht über den Normalweg abzusteigen, sondern wieder abzuseilen. Die Stände waren alle vorhanden und auch Abalakov Schlingen waren überall gefädelt.

Abseilen über die Tour (sehr gut eingerichtet)

So waren wir auch schnell wieder vor dem echten Wetterumschwung unten. Die Wolken sanken tief und die Sicht war faktisch Null. Wir folgten den Spuren und kamen fast punktgenau zu unserem Zelt. Dieses war schon ein wenig eingeweht und außerdem mussten wir feststellen, dass der Wind jetzt komplett von der anderen Seite kam und wir hier noch keine Mauern gebaut hatten.

Unsere eingeschneites Zelt - wir mussten uns für die Nacht vorbereiten

Wir spannten die Abspannleinen nach und fixierten drei weitere Sturmleinen. Dann bauten wir uns eine richtige Festung. Alfred baute noch ein paar Windbrecher vor der eigentlichen Mauer auf, um den angekündigten Sturm ein wenig zu bremsen. Mit Kochen, Schnee schmelzen und Zeltbauen war es bald Abend und der Sturm nahm zu. Alfred kuschelte sich immer mehr zu mir, aber nicht weil im kalt war, sondern weil der eingewehte Schnee immer mehr Platz brauchte. Leider musste ich schon extrem dringend pinkeln und so war klar, dass ich auch gleich das Zelt ausschaufeln durfte.

Unsere Festung

In so einem kleinen Zelt ist das alles ein wenig mühsamer. Goretexhose, Jack, Schuhe, Überschuhe, Stirnlampe anziehen. Und noch dazu ist der Schnee überall. Draußen war ein echtes Unwetter. Schneechaos und Windgeschwindigkeiten um die 80km/h. Alfred war voll relaxt. Lag einerseits daran, dass ihn das Wetter nicht wirklich aus der Ruhe brachte und andererseits weil er scheinbar nicht pinkeln musste. Ich schaufelte unser Zelt aus und konnte mich nach einer knappen Stunde wieder hinlegen. Im Innenzelt hatten sich auch schon ein paar Schneekristalle abgesetzt, aber ich kuschelte mich in meinen warmen Schlafsack und versuchte ein wenig zu schlafen.

Zeltidylle

Am nächsten Morgen wollten wir beide nicht so richtig aufstehen. Das Wetter war extrem schlecht. Wind, Schnee, Feuchtigkeit, Kälte alles was so richtig Spaß macht, waren vorhanden. Trotzdem mussten wir irgendwann aufstehen. Wir kochten Tee, frühstückten und überlegten einen Plan für diesen Tag. Wetterbesserung war keine in Aussicht. Wir entschieden uns zur Cosmiques Hütte (3.613m) aufzusteigen und dort einen guten Kaffee zu trinken. Dort gab es auch ein super Omelette, was unsere eingefroren Gemüter wieder mit neuem Leben erfüllte. Auf der Hütte erfuhren wir, dass das Wetter am nächsten Tag besser werden sollte und der letzte gute Tag der Woche sein würde. Leider war auch dieser Tag nur bis zum frühen Nachmittag gut gemeldet, somit brauchten wir wieder eine Tour um die 400 Meter. Weiteres erfuhren wir von einer Biwakschachtel, welche zwischen unserem Zelt und der Hütte lag.

Ausgesetzt, aber eine gute geräumige Biwakschachtel

Da wir an diesem Tag nicht mehr klettern konnten übersiedelten wir von unserem Zeltplatz zur Biwakschachtel. Somit konnten wir das Packen auf den schlechten Tag verschieben. Ein gutes Biwak mit 8 gemütlichen Plätzen. Wir hatten die Schachtel für uns alleine. Herrlich, was für ein Luxus so eine Schachtel gegenüber einem Zelt doch ist. Wir verkochten unsere letzen Reserven und hatten ein echtes Luxusabendessen. Vollkornnudeln mit Pesto. Am nächsten Morgen war das Wetter wahrlich perfekt.

Eine extrem kalte Nacht mit -14°C aber in der Früh Sonne und ein herrlicher Tag - Hr. Alfred kocht Frühstück

Nach einem guten Frühstück fuhren wir mit den Skiern durch die verschneiten Hänge zum Einstieg. Dort war schon einiges los, aber eine Dreierseilschaft drehte wieder um bzw. war schon durch. Somit gehörte die Tour (Chere Gully) uns. Perfekt.

Superschöne Eiskletterei bei guten Bedingungen

Extrem schöne Kletterei durch breite Verschneidungen mit viel Eis. Die Tour wird häufig begangen und so waren die heiklen Stellen gut ausgehackt. Gemütlich stapften wir die Tour bis zum Felsriegel. Von dort seilten wir dann wieder an super Abseilständen ab. Jetzt merkten wir erst wie viele Seilschaften unter uns waren. Ich glaub 5 und eine 6. machte sich gerade zum Einstieg bereit. Zach vor allem was den Eisschlag betrifft.

Eine Seillänge besser als die andere

Bei bestem Wetter stapften wir zu unserem Depot, wo wir unsere schweren Rucksäcke holten. Über den mühsamen Gegenanstieg ging es wieder zurück zur Aiguille du Midi. Mühsam ist der letzte Grat zur Seilbahn, aber dieser war so gut gespurt, dass ich mir sogar die Steigeisen sparen konnte.

Alfred am Grat zur Aiguille du Midi

Der Empfang der Touristen bei gutem Wetter ist dort so gut wie sicher und so wurde die Ausrüstung bestaunt und ein paar Fotos geknipst. Schön langsam sahen wir wie es zuzog und auch wenn wir es vorher nicht für möglich gehalten hätten, sahen wir, dass das Wetter schön langsam schlechter wurde. Gemütlich fuhren wir wieder ins Tal und stapften zu unserem Bus, wo wir uns ein echtes Bier gönnten. Dort hatten wir noch Sonne und echte Plusgrade.

Endlich wieder warm und kein Schnee

Nach den vielen kalten Nächten war das wie Balsam auf der Seele und wir entspannten uns bei weiteren Bieren bis unser ganzes Zeug wieder trocken war. Anschließend fuhren wir nach Arco, wo wir uns mit Uli und Dominik trafen. Pah herrlich, warme Temperaturen, kein Schnee und herrliches Wetter.

Die Ankunft in Arco wurde selbstverständlich gleich gefeiert, Uli, Dominik und Flo

Nach einem guten Frühstück verschlug es uns nach Mandrea. Alfred wollte dort eine Tour gehen, die ihn schon lange juckte. Die Fiore Di Corallo. Laut Topo liest sich das Ding ganz schön knackig, vor allem was die Absicherung betrifft. Ein paar Schlaghaken an neuralgischen Punkten und der Rest clean und schlecht absicherbar. Also eine richtige Tour mit dem sogenannten Thrill wie es Hr. Alfred zu sagen pflegt. Alfred kannte ungefähr den Weg und so waren wir ziemlich bald am Einstieg der Tour.

Die erste Seillänge der Fiore di Corallo

Es war heiß und die Sonne brannte. Wahnsinn, gestern noch Schnee und Eis heute kurzes Leiberl und leichte Montur, was ich von unseren Gurten nicht sagen konnte. Dort war ein kompletter Satz Friends, Keile, Hexen, Schlingen und diverses anderes Grafl. Voll behängt wie ein Christbaum kletterte Alfred die erste Länge und brauchte einiges an Zeit. Im Nachstieg wusste ich dann gleich warum. In der Platte gab es noch zwei schlechte Haken und danach einen super cleanen Riss, welcher sich perfekt zum Absichern eignete. Die großen Friends blitzen mir schon entgegen und ich kämpfte mich zum Stand und dieser war, was für ein Wunder, entgegen dem Topo gebohrt. Sehr cool.

Die zweite Seillänge der Fiore di Corallo

Ich sortierte das ganze Material am Gurt und kletterte in die zweite Länge. Zach, aber gut absicherbar. Nach 40 Metern war ich oben am Stand und klickte auch hier in die zwei gebohrten Standhaken. Super, die Tour ist an den Ständen saniert. Das spart viel Zeit und Nerven. Jede Seillänge hatte so ihre Tücken. In einer der 7+ Längen legte Alfred einen Hex und musste kurz pausieren. Als er diesen falsch belastete rutschte der Hex aus dem Riss und Alfred ging ab. Ein, was ich erst später sah, relativ guter Holzkeil mit Schnürl hielt seinen 3 Meter Rutscher. Ein kurzes Sch.. Hex … und drüber war er. So kämpften wir uns Seillänge für Seillänge hinauf.

Auch eine spannende Seillänge

Am Ausstieg erwischte uns kurz noch ein bisschen Regen, aber dieser störte nicht wirklich. Gefeiert wurde mit einem Aparol-„Spritz“ am Hauptplatz in Arco. Gestern in Chamonix heute Arco…. Und als Abschluss ein Geheimtipp von Peter. Das Val Daone. Das Tal ist unter den Bouldern schon lange bekannt aber ich habe erst voriges Jahr so richtig davon erfahren.

Schöner netter Biwakplatz

Es handelt sich um eine 300 Meter Granitriegel mit perfektem Granit, an dem auch Seilkletterer ihre wahre Freude haben. Am Abend fuhren wir zum Stausee, wo wir unsere Biwaknacht verbrachten. Der Zustieg ist relativ kurz und in 20 Minuten ist man am Einstieg der gut beschrifteten Tour (Metallplatte) Cammino degli Eternauti.

Herrliche Granitkletterei vom feinsten, Risse, Platten, Wandkletterei mit Chickenheads

Die Tour schaut anfangs nicht sehr spannend aus. E bisschen Grünzeug und ein paar nasse Wasserstreifen kreuzten die Tour. Aber die ersten Schritte auf dem Fels lassen die Meinung sofort ändern. Granitkletterei vom feinsten. Dort wo sich die Tour nicht absichern lässt, stecken gute bzw. alte Bohrhaken (nach oben hin werden die Bolts älter) und in Rissen muss bzw. kann gelegt werden oder man klettert 10 Meter Runouts.

Alfred knackt die zachen Wandstellen

Die Struktur ist absolut genial. Chickenheads und verspielte steile Wand/Plattenkletterei. Die letzen zwei Seillängen sind nochmal richtig spannend und super kletterbar. Ich spürte, dass ich nicht mehr ganz fit war und war froh als wir dann wieder abseilten. Die Tour ist hierfür perfekt eingerichtet.

Steile Wandkletterei an den berühmten Chickenheads

Alfred und ich packten uns zusammen und warteten noch auf Uli und Dominik. Die zwei waren erst am Ausstieg und so sortierten wir Material, da wir bereits die Heimfahrt planten. Bei dieser wurde ich dann leider richtig krank und war fix und fertig mit 39,5 Fieber. Alfred half mir noch beim Auslanden von meinem ganzen Gepäck und um 1:00 früh war ich endlich zuhause und verkroch mich im Bett. Danke Hr. Alfred für die super schöne und unvergessliche Woche!

Fotos: Chamonix, Fiore Di Corallo und Cammino degli Eternauti

  1. Coole Abenteuerwoche!!! Habts jo coole Touren gmacht! Und super Fotos – weite so! LG aus dem Tiroler Land – Peter