Nordwandpowder


Titelbild

Wieder einmal sitze ich im Büro, schau aus dem Fenster und sehe tiefen Nebel, wie es bei uns zu der Jahreszeit üblich ist. Ein kurzer Klick auf die WEB-Cams zeigt wieder einmal Sonne am Berg und wenig Wind. Das ist mittlerweile doppelt schmerzhaft, weil mit der Fliegerei der Spielraum jetzt so viel größer ist. Noch schmerzhafter ist die Prognose der nächsten Tage. Blitzeblau perfektes Wetter in den Bergen und dauernd irgendwelche unnötigen Facebook-Posts, wo schon wieder eine Nordwand perfekte Verhältnisse hat. Dann ein Blick in meinen Firmenkalender und siehe da: faktisch keine Termine. Dass es sowas gibt. Michl anrufen, Urlaub eintragen, Zeug zusammenpacken, mein Mädi überreden, die war eh heilfroh, dass ich mal wieder frische Luft bekomme, bin ja dann doch unausstehlich wenn i nix „tua“, und los geht’s.



Start beim Gumpeneck – perfekt für meinen PI 23

 

Da Michl am Freitag noch lieber Partie gemacht hat, als mit mir wegzufahren, konnten wir erst Samstag früh fahren. Eigentlich eh perfekt. Im Ennstal haben wir uns einen kleinen feinen Hike&Fly Buckl ausgesucht. Das Gumpeneck, 2.226 m. Über einen gemütlichen Wanderweg, der im Sölktal startet, geht es zum Gipfel. Die Tour ist auf www.hikeandfly.info super beschrieben und der Start ist faktisch in alle Richtungen möglich. Wir waren gemütlich in 1:51 h oben am Gipfel.

Michl am Gipfelkreuz vom Gumpeneck 2.226m

Perfekter Wind und gute Verhältnisse machten den Abgleiter zu einer entspannten Sache. Unten im Ennstal packten wir unsere Schirme und stoppten zu unserem Auto. Ein freundlicher Jäger brachte uns direkt zu unserem Parkplatz.

Herrlicher Ausblick Richtung Ennstal – schöne Gratschneide

Entspannt fuhren wir Richtung Innsbruck, wo wir uns mit Peter verabredet hatten. Vorher machten wir noch einen Abstecher zu Dominik. Da ich seine neue Wohnung noch nicht kannte, schauten wir uns diese gleich an. Dort war bereits Highlife. Ulli, Alfred und zwei andere Typen feierten schon ein wenig und nach einem Bier waren wir auch gleich in Feierlaune. So richtig in der BASE Szene abhängen ist schon auch was Lässiges. Michl bewunderte die Baseschirme von Dominik und war über das schwere Gewicht erstaunt. Ist doch nicht mit unseren Leichtschirmen zu vergleichen. Nach ein paar Bier ging es weiter zu Peter, der mittlerweile schon vom Griesferner zurückgekehrt war.

Hochfernerpitze in den Zillertaler Alpen

Sein Mädl, die Ruth, war in Berlin und so konnten wir gleich weiterfeiern, schließlich war ja Wochenende :-). Peter erzählte uns von seiner heutigen Tour. Der Griesferner Nordwand, die perfekte Verhältnisse für eine Skiabfahrt aufwies. Außerdem hatten die Jungs die Tour schön gespurt. Da Wetter, Temperatur weiter gut blieben, war die Entscheidung schnell getroffen. Somit fuhren wir mit dem Auto über die Pfitscherjochstraße auf ca. 1.800 m. Von dort ging es bereits mit den Skiern taleinwärts über das Günther Messner Biwak zum Wandfuß.

Am Wandfuß der tief verschneiten Nordwand

Es war unglaublich viel Schnee. Auch die Wand war faktisch eingeschneit und es gab sehr wenige blanke Stellen. Die Spur vom Vortag von Andi und Peter war Gold wert. Ich glaube, damit haben wir uns sicher fast 2 Stunden gespart. Auch wenn ich konditionell gar nicht so schlecht beisammen bin, ist es mit Michl immer eine Challenge.

Die “Schlüsselstelle” – perfekteste Bedingungen

Bei solchen Renn-Kampfmaschinen muss ich immer aufpassen, dass ich mich anfangs nicht absteche bzw. ein Tempo einschlage, das ich auch durchhalte. Schließlich sind es dann doch 1.700 Höhenmeter die gemacht werden müssen.  Die Tour selbst war unproblematisch. Seil hatten wir nur ein 30-Meter-Stück mit und das blieb im Rucksack. Natürlich in Michls, der Kampfmaschine, Rucksack. Ein paar steile Stellen waren zum Klettern und bald waren wir durch die Nordwand.

Auf den letzten Metern der Hochfernerspitze 3.476m

Die letzten Meter auf der Südseite waren dann nochmal ganz schön zach. Tiefer sulziger Schnee machten dieses Stück ganz schön anstrengend. Michl beobachtete mein Schauspiel vom Gipfel aus. Ich hab mir nur gedacht, wenn der oben was über die Zeit sagt, schmeiß ich ihn gleich vom Gipfel. Aber wie immer, der Gipfelsieg lässt alles verblassen. Wir sitzen beide in der Sonne und genießen das unglaubliche Wetter.

Ein perfekter Tag, Michl und ich am Gipfel vom Hochferner

Eigentlich bräuchten wir jetzt unsere Schirme mit, aber der Pulverschnee hat auch was. Es ist schlimm, seit der Fliegerei habe ich jetzt immer denselben Stress. Am liebsten würde ich ja nur mehr fliegen, aber bergsteigen ist einfach auch so schön und bei dem Powder…. Diese schweren Entscheidungen! Am liebsten immer alles auf einmal.

Powdertraum in der Griesferner Nordwand – unglaublich geil

Oben am Gipfel schnallten wir uns die Ski an und fuhren über die Südseite zum Joch und dann über die Nordwand wieder ab. Unglaublich, es war so geiler Pulverschnee und das im November. Andi und Peter sind rechts über eine Rinne runter, aber wir entschieden uns für die Aufstiegsspur. Es war einfach mördergeil. Pulver und eine steile Abfahrt in perfekten Verhältnissen. Es war Realität und kein Traum.

Auch die steilen Passagen sind problemlos und mörder gut

Über die sonnenbeschienenen Wände ging es dann wieder Richtung Auto, wo wir noch gemütlich in der Sonne sitzen konnten. Ursprünglich wollten wir noch da bleiben, aber da es um einiges wärmer wurde und wir frische Lawinenkegel sahen, entschieden wir uns doch für unseren früheren Plan: die Wildspitze Nordwand.

Perfekte Taktik um das mühsame queren zu sparen – ich mit meinem “Fellbauch”

Bei Peter konnten wir noch eine weitere Nacht luxusbiwakieren, um am nächsten Tag Richtung Pitztal zu fahren. Dort war schon einiges los. Schließlich gab es auch am Gletscher Top-Bedingungen. Frischer Pulverschnee und tolles Wetter. Wir rüsteten uns für die Nordwand und fuhren mit der Bahn (Tourenskikarte) bis zum Joch. Von dort waren wir relativ schnell Richtung Nordwand unterwegs.

Abgebrochenes Serak Stückchen

Dort gab es aber sehr viel Schnee und auch ein paar Wechten somit beschlossen wir über den Nordostgrat auf den Gipfel zu gehen. Die Entscheidung war perfekt. Über den stark verwechteten Grat ging es zum Nebengipfel und dann zum Hauptgipfel. Es war wieder grandios. Blauer Himmel – Sonne und Pulverschnee.

Wildspitze NO Grat – im Hintergrund der Gipfel

Somit beschlossen wir über den Nordwestgrat hinunterzufahren. Da die Bedingungen so gut waren, querten wir dann in die Nordwand, um diese mit den Skiern abzufahren. Michl wählte die Linie etwas direkter als ich. aber es war der Hammer. Im besten Pulver fuhren wir durch das Gletscherbecken. Nach einer kurzen Pause und Blick auf die Uhr sahen wir, dass wir noch richtig viel Zeit hatten. Somit klebten wir unsere Steigfelle nochmal auf die Ski und marschierten wieder los.

Michl checkt die direkte Linie in der Nordwand

Als zweiten Gipfel haben wir uns für den Brochkogel entschieden. Dort waren wir 2007 schon einmal oben. Damals über den Pitztaler Eisexpress und die Nordwand. Als wir abgestiegen sind, hat uns ein Mörder-Gewitter erwischt. Funken auf den Eisschrauben und den Metallsachen und Strom zum Schmecken. Michl hat sich vor lauter Schnelligkeit den Gurt samt der Unterhose runtergerissen und stand kurz nackig am Gletscher. In zwei Mulden haben wir das Gewitter, mit voller Hosen, gut überstanden. Die Geschichte ist legendär.

Heiklere stelle zum Brochkogelgipfel

Diesmal war alles viel entspannter. Perfektes Wetter, aber ein tief verschneiter Grat. Aber dieser konnte uns nicht aus dem Konzept bringen. Eine kurze steile Plattenquerung sorgte für ein paar scharfe Konzentrationsmomente, aber in Summe standen wir relativ bald am Gipfel, der leider keine Sonne hatte, da Wolken aufgezogen sind. Für mich persönlich war das ein super Moment, gemeinsam mit Michl ein zweites Mal oben zu stehen. So schön kann Bergsteigen sein.

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Michl & ich – Gipfelsieg Nummer Zwei

In diesem Moment ist dann die Sonne zum Vorschein gekommen und hüllte den Berg in eine super Stimmung. Rasch waren wir beim Skidepot, wo wir noch ein paar Meter aufstiegen, um richtig Powderspaß zu haben, denn Michl hatte sich vorher eine perfekte Linie ausgecheckt. Die Abfahrt in das Gletscherbecken im Pulver und bei tiefstehender Sonne war dann das nächste Highlight. Mit einem kleinen Trick fuhren wir dann noch zum Brunnenkogel Café auf 3.440 m.

Richtig steiler Powder der kein Ende nimmt

Auf einer gut präparierten Piste ging es dann zum Schrägaufzug und mit diesem ins Tal.

Am Abend checkten wir endlich Windverhältnisse und wir bereiteten uns auf das bevorstehende ultimative Highlight vor. Diesmal ließen wir alles zuhause. Seil, Gurt, Steigeisen, Eisschrauben, Lawinenzeug und ersetzten den leeren Rucksack durch unsere Paragleitschirme.

Perspektive von unserem Startplatz zur Wildspitze (3772m)

Den Weg kannten wir und auch die Windverhältnisse schienen gut. Der Wind drehte auf Südwest, was uns nicht besonders freute. Aber Michl wäre nicht Michl, wenn er keine Ass im Ärmel hätte. Während ich auf unserem ursprünglichen Startplatz im Nebel stand, lief Michl auf den Gipfel und gab einem anderen Bergsteiger noch ein paar Nordwandabfahrts-Tipps. Als er wieder runterkam, beschlossen wir den oberen Startplatz zu nehmen. In der Zwischenzeit verzog sich der Nebel und der Himmel wurde immer blauer, aber deutlicher Südwestwind begleitete uns auf den Gipfel.

Noch ein schnelles Gipfelfoto vom Kreuz der Wildspitze

Diesmal war der Gipfelsieg nicht ganz so entspannt, war ich doch ziemlich nervös. Jetzt zu sagen ich sei cool, wäre ein gscheiter Schmäh. Aber in solchen Situationen bin ich dann immer hoch konzentriert und das gibt mir viel Sicherheit, sich auf den Moment scharf zu konzentrieren. Am Startplatz fackelte ich nicht lange herum. Gurt anziehen, Retter einhängen, Schirm aufbreiten und schön eingraben, damit er dort bleibt, wo ich will. Der Wind kam schön von vorne und ich war bereit und wartete auf eine schwächere Phase. Michl gab mir Starthilfe, was mich zwar ein wenig verwirrte, aber auch wieder ein wenig Sicherheit gab.

Der spannende Moment – Starten

Dann der Moment. Schirm aufziehen. Wumm das Profil steht schön und ich korrigiere ein wenig nach links, nicht zu viel – perfekt. Dann hat es mich ein wenig nach hinten versetzt, ich kann aber sofort umdrehen und los geht´s. Yes ich bin in der Luft und fliege über den Grat. Anfänglich sauf ich gscheit ab, aber damit habe ich gerechnet. Ich steuere zielstrebig den Brunnerkarkopf auf 3.246 m an und hoffe, dass dort die Flanke ein wenig trägt. Perfekt.

Es geht sich richtig gut aus. Somit ist der restliche Flug einfach nur mehr mördergut. Ich habe mehr als genug Höhe und kann noch zum Rifflsee fliegen. Über die Sonnenhänge fliege ich dann Richtung Mittelberg (1.736 m) und kann mich noch richtig spielen.

Der Riffelsee von oben

Ich checke den Talwind, der nur sehr schwach ist. Zwei große Fahnen zeigen mir deutlich die Windrichtung und der vorher gut ausgecheckte Landeplatz hat ausreichend Platz. Somit steht einer perfekten Landung nichts mehr im Wege. Gesagt getan. Der Schirm legt sich hinter mir nieder und dann dieses unglaubliche Gefühl. War das ein geile Action. Pah. Michl landete erst ein wenig später, da er sich beim Starten auch viel Zeit gelassen hatte. Schließlich ist der Startplatz nicht sehr fehlerverzeihend. Auch seine Landung ist perfekt – eh kloar – und  sein Worte während der Landung: “Oida ich scheiß mich an, bist du deppat. Yeahhhhhhhh-ha-ha-ha!“ Naja geil woar’s…

Danke Michl für das mördergute “Wochenende”

Es war das „i“-Tüpfelchen auf unser lässiges verlängertes Wochenende. Was bleibt, sind viele spannende Momente, die wir gemeinsam erlebt haben, es war einfach mördergeil!

mehr Bilder gibt es in der Galerie:
Hike&Fly Gumpeneck
Griesferner Nordwand
Wildspitze NO Grat
Brochkogel S Grat
Wildspitze Hike&Fly

Michl´s Gschichtl auf www.strabag-alpinteam.at:
Griesferner Nordwand 2014!
Wildspitze Doppelpack 2014!

  1. Super lustige Gschicht und echt cooles Projekt. Wär mal ein cooler Abendvortrag angebracht, also ich wär dabei.

  2. matze am 2. Dezember 2014

    Boah, echt gut! Was mich mal interessieren würde: Die Grießferner Wand hab ich auch schonmal gemacht, aber im Mai, wo man (bei entsprechenden Temperaturen relativ sicher) weiß, dass der Schnee in der Früh hart ist. Aber Ende November mit “unglaublich viel Schnee”: Woher nimmt man da die (relative) Sicherheit, dass da nicht irgendwo in der Wand lockerer Schnee drin ist, der zum Problem werden könnte? Merci und gute Touren, Matze…

    • merci – Sicherheit ist immer relativ in so steilem Gelände. Die Tour wurde am Vortag von einem Freund von mir schon gemacht und der Schnee war auch schon eine zeitlang in der Wand und beim Aufsteigen gabs nie heikle Situationen. Wir haben beide für uns beschlossen das die Abfahrt ok ist. Ich bin da eher auf der “Hosensch…” seite. Aber klar 45°-50° ist immer zum anschauen. Einzeln einfahren und Abstände einhalten. :-)

  3. Tobias am 1. Dezember 2014

    Echt geile aktionen, ich wünschte ich könnte irgendwas davon schon machen ;) nächstes Jahr dann bin ich dabei

    • die Berge stehen noch länger und gute Verhältnisse kommen immer :-) vielleicht sogar noch bessere :-)

  4. Flo R. am 30. November 2014

    Sehr coole Touren und schönes Video! Das motiviert :-)

    • … Flotschi so viele Projekte die wir noch machen müssen 8-)

  5. Walter am 30. November 2014

    echt hammergeil !!!! den Taschachferner von oben betrachten muss ja a Wahnsinn sein !!

  6. wirklich ein lässiger Bericht! Da komm ich ausnahmsweise mal gut weg… ;-)
    Hoffe ja nur, dass wir noch viele solcher Touren unternehmen können!

    Supergeil woars!!!