Sachverhalt:

A besuchte eine Veranstaltung des B. Bei der Veranstaltung konnten Besucher das Klettern probieren. An der Kletterwand durfte laut eigener Benutzerordnung des B nur mit Seilsicherung geklettert werden. Tatsächlich gab es jedoch keine offiziellen Einweisungen für Kletterunkundige. Kletterwilligen, die dies „wünschten”, wurde lediglich angeboten, sich mittels eines Seils sichern zu lassen.

A erkundigte sich bei einem Mitglied des B nach einer Seilsicherung. A wurde von dem Mitglied des B zu einem anderen Mitglied des B geschickt. In weiterer Folge stieg A ungesichert in die Kletterwand ein.

Die von B im Unfallbereich aufgelegten Matten boten keinen ausreichenden Fallschutz beim Klettern ohne Seil. Die Matten waren nicht vollflächig, also den gesamten Bereich deckend, aufgelegt. Die Matten waren nicht 30 cm dick. Die aufgelegten Matten wiesen Stufen und Spalten auf. A kam mit ihrem rechten Fuß aber genau in einem solchen Spalt auf, der zwischen zwei Matten bestand, wodurch die Matten auseinanderrutschten und die Klägerin direkt auf dem Fußboden aufprallte und sich dadurch verletzte.

Entscheidung: (Auszüge aus 6 Ob 17/07d)

Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass B für diese mangelnde Absicherung einzustehen hat, erscheint durchaus vertretbar; es liegt auch keine Überspannung der Verkehrssicherungspflichten vor. B hat nicht für das „Herunterfallen” der A einzustehen, sondern für die ungenügende Sicherung durch falsch aufgelegte Matten, die letztlich zur Verletzung der A geführt hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt Handeln auf eigene Gefahr dann vor, wenn sich jemand einer ihm bekannten oder zumindest erkennbaren Gefahr, die ein anderer geschaffen hat, aussetzt; jede Haftung entfällt dann mangels Rechtswidrigkeit, weil den Gefährder keine Schutzpflichten gegenüber jemandem obliegen, der die Gefahr erkennt oder erkennen konnte und dem daher Selbstsicherung zuzumuten ist. Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens ist in solchen Fällen echten Handelns auf eigene Gefahr aufgrund einer umfangreichen Interessenabwägung zu beurteilen.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen durfte in jenem Bereich der Kletterwand, den A benützte, laut eigener Benutzerordnung des B nur mit Seilsicherung geklettert werden. Auch unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Kletterstelle und der möglichen Sturzhöhe hätte A jedenfalls gesichert werden müssen. Tatsächlich gab es jedoch keine offiziellen Einweisungen für Kletterunkundige; Kletterwilligen, die dies „wünschten”, wurde lediglich angeboten, sich mittels eines Seils sichern zu lassen. Den Besuchern der Veranstaltung wurde damit offensichtlich signalisiert, dass eine Seilsicherung lediglich freiwillig sei. Allerdings war für diese (unerfahrenen) Besucher „überhaupt nicht erkennbar”, dass die Kletterstelle relativ schwierig ist. Im Sinne der dargestellten Rechtsprechung war daher für A die Gefahrensituation, in die sie sich begeben würde, nicht erkennbar; der Haftungsausschluss des Handelns auf eigene Gefahr scheidet somit aus.

Kommentar (Peter Gloß):

Das Höchstgericht hebt für das Handeln auf eigene Gefahr die Erkennbarkeit der Gefahr hervor. Ein Anfänger kann die Schwierigkeit einer Kletteroute auf einer künstlichen Wand durch Studieren der Griffe nicht einschätzen. Dies ist selbst für erfahrene Kletterer nicht einfach. Auch die Angabe des Schwierigkeitsgrades wird einem Anfänger nicht weiter helfen. Ohne einen entsprechenden, belehrenden Hinweis durch eine geschulte und erfahrene Person wird ein Anfänger daher das Risiko und die Gefahr nicht einschätzen können.

Den Betreibern von künstlichen Kletteranlagen ist jedenfalls auch zu empfehlen, im Bereich jener Kletterwände, die (auch) zum Bouldern vorgesehen sind, zumindest 30 cm dicke, vollflächige Matten (ohne Spalten und Stufen) großzügig aufzulegen.